Pharmakokinetik Cannabis

Medizinisches Cannabis bei ADHS

Medizinisches Cannabis, insbesondere die Cannabinoide THC und CBD, bietet eine Behandlungsmöglichkeit für Patientinnen und Patienten mit ADHS, deren Symptome durch traditionelle Methoden nicht ausreichend kontrolliert werden können. Durch die Interaktion mit dem körpereigenen Endocannabinoid-System kann medizinisches Cannabis möglicherweise dabei helfen, das bei ADHS häufig beobachtete Neurotransmitter-Ungleichgewicht zu beeinflussen.

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Café, umgeben von Gesprächen und Geräuschen, doch Ihre Gedanken rasen unaufhaltsam. Ihre Beine wippen unruhig, und die To-do-Liste in Ihrem Kopf scheint ein unüberwindbarer Berg. Für Menschen mit ADHS ist dies oft der Alltag. Aus diesem Grund führt die Suche nach Linderung viele zu Optionen wie medizinischem Cannabis, aber auch zu klassischen Therapien wie Medikamenten oder Verhaltenstherapie.

Medizinisches Cannabis bei ADHS: Eine mögliche Ergänzung

Medizinisches Cannabis wird als ergänzende Option bei ADHS diskutiert, insbesondere wenn Standardtherapien wie Methylphenidat oder Verhaltens-Therapie nicht ausreichend wirken. Cannabinoide wie THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) könnten Symptome wie Unruhe, Impulsivität oder Begleiterkrankungen wie Angststörungen lindern1. Doch was macht Cannabis in diesem Kontext besonders, und welche Aspekte sind für Patienten und Angehörige wichtig?

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Wirkweise von THC bei ADHS

Cannabinoide interagieren mit dem Endocannabinoid-System des Körpers, das eine Rolle bei der Regulation von Stimmung, Aufmerksamkeit und Impulskontrolle spielt1. THC wirkt psychoaktiv und kann beruhigend oder stimmungsaufhellend sein, was bei innerer Unruhe helfen könnte.

Wirkweise von CBD bei ADHS

CBD hingegen ist nicht psychoaktiv und wird für seine angstlindernden und entzündungshemmenden Eigenschaften geschätzt1. Bei ADHS könnten diese Effekte besonders bei Komorbiditäten wie Angststörungen oder Schlafproblemen nützlich sein. Allerdings ist die Wirkung individuell und hängt von der Dosierung, der Cannabinoid-Zusammensetzung und der persönlichen Neurobiologie ab2.

Ablauf der Therapie mit medizinischem Cannabis

Die Therapie beginnt mit einer umfassenden ärztlichen Untersuchung, um Therapieresistenz und Indikation zu bestätigen. Ärzte wählen die Darreichungsform und starten mit niedrigen Dosen, die schrittweise angepasst werden. Regelmäßige Kontrolltermine (alle 4–6 Wochen) überwachen Nutzen, Nebenwirkungen und Dosierung. Patienten erhalten oft ein Tagebuch, um Symptome und Wirkungen zu dokumentieren, was die Therapie optimiert. Angehörige können unterstützen, indem sie bei der Einhaltung der Cannabis-Therapie helfen und Veränderungen beobachten.

Risiken von medizinischem Cannabis bei ADHS

Cannabis birgt Risiken, besonders bei ADHS-Patienten mit psychiatrischen Komorbiditäten:

  • Kognitive Einschränkungen: THC kann die Konzentration oder das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigen, was bei ADHS kontraproduktiv sein kann6.
  • Psychiatrische Nebenwirkungen: Psychosen oder verstärkte Angstzustände sind möglich, insbesondere bei THC-haltigen Präparaten7.
  • Abhängigkeit: Langfristiger Gebrauch kann ein Abhängigkeitspotenzial bergen, besonders bei Erwachsenen mit Substanzkonsumstörungen in der Vorgeschichte6.
  • Wechselwirkungen: Cannabis kann mit ADHS-Medikamenten wie Methylphenidat interagieren, was die Wirkung beider Substanzen verändern kann2.

Aufgrund des hohen Risikopotentials einer fehlerhaften Cannabis Anwendung bei ADHS ist es äußerst empfehlenswert, auf Eigenmedikation zu verzichten und stattdessen den Rat von einem spezialisierten Cannabis-Arzt zu suchen.

Medizinisches Cannabis bei ADHS

Was ist ADHS?

Die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) ist eine neurobiologische Entwicklungsstörung, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene betrifft. Sie zeigt sich in drei Kernsymptomen: Unaufmerksamkeit, Impulsivität und/oder Hyperaktivität, die nicht zum Alter oder zur Situation passen10.

Komorbiditäten und Begleiterkrankungen

ADHS tritt selten allein auf. Häufige Begleiterkrankungen sind:

  • Depressionen: Bis zu 30 % der Betroffenen entwickeln depressive Symptome, oft durch Misserfolge oder soziale Ablehnung11.
  • Angststörungen: Übermäßige Sorgen oder Panikattacken können ADHS-Symptome verstärken11.
  • Oppositionelles Verhalten: Häufig bei Kindern, zeigt sich in Widerstand gegen Regeln11.
  • Lernstörungen: Dyskalkulie oder Legasthenie erschweren schulischen Erfolg11.
  • Tics/Tourette-Syndrom: Unwillkürliche Bewegungen oder Laute treten bei etwa 10 % auf11.
  • Substanzkonsumstörungen: Erwachsene mit ADHS haben ein erhöhtes Risiko für Alkohol- oder Drogenprobleme11.

Diese Komorbiditäten beeinflussen die Behandlung und erfordern oft eine parallele Therapie.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen von ADHS sind vielfältig:

  • Genetische Faktoren: ADHS ist stark vererblich, mit einer Erblichkeitsrate von etwa 70–80 %12.
  • Neurotransmitter-Ungleichgewichte: Störungen im Dopamin- und Noradrenalin-Haushalt beeinträchtigen die Hirnfunktion13.
  • Umweltfaktoren: Frühgeburt, pränataler Nikotinkonsum oder familiäre Stressoren erhöhen das Risiko14.

Praxistipp: Wenn ADHS in Ihrer Familie vorkommt, klären Sie mit einem Arzt mögliche genetische und umweltbedingte Faktoren, um frühzeitig zu handeln.

Quellenangaben

  1. Martinez, L. A. et al. (2024). Cannabinoids in Neurodevelopmental Disorders. Pharmaceuticals (Basel), 17(3), 294.
  2. Martinez, L. A. et al. (2024). Cannabinoids in Neurodevelopmental Disorders. Pharmaceuticals (Basel), 17(3), 294.
  3. Cooper, R. E. et al. (2017). Cannabinoids in ADHD: A randomised-controlled trial. European Neuropsychopharmacology, 27(8), 795–808.
  4. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP). (2018). S3-Leitlinie ADHS. AWMF-Register-Nr. 028-045.
  5. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP). (2018). S3-Leitlinie ADHS. AWMF-Register-Nr. 028-045.
  6. Gorelick, D. A. (2016). Cannabis dependence and tolerance. Current Psychiatry Reports, 18(4), 36.
  7. Volkow, N. D. et al. (2014). Adverse health effects of marijuana use. New England Journal of Medicine, 370(23), 2219–2227.
  8. Bundesgesetzblatt. (2017). Gesetz ‘Cannabis als Medizin’. BGBl. I, S. 403.
  9. Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen Zwecken (MedCanG). (2024). BGBl. I Nr. 109, 1–31.
  10. Faraone, S. V. et al. (2021). The World Federation of ADHD International Consensus Statement. Neuroscience and Biobehavioral Reviews, 128, 7–24.
  11. Katzman, M. A. et al. (2017). Adult ADHD and comorbid disorders. BMC Psychiatry, 17(1), 302.
  12. Thapar, A. et al. (2013). What have we learnt about the causes of ADHD? Journal of Child Psychology and Psychiatry, 54(1), 3–16.
  13. Volkow, N. D. et al. (2009). Evaluating dopamine reward pathway in ADHD. JAMA, 302(10), 1084–1091.
  14. Yusuf Ali, A. et al. (2022). Elements That Influence the Development of ADHD in Children. Cureus, 14(2), e22534.
  15. Matthies, S. et al. (2008). Verhaltenstherapeutische Ansätze bei ADHS im Erwachsenenalter. Psychotherapie, 13(2), 123–134.
  16. World Health Organization. (2019). International Classification of Diseases (ICD-11). Genf: WHO.
  17. Bachmann, C. J. et al. (2017). ADHD in Germany: Trends in Diagnosis and Pharmacotherapy. Deutsches Ärzteblatt International, 114(9), 141–148.
  18. Biederman, J. et al. (2010). Adult outcome of ADHD: A 16-year follow-up study. Journal of Clinical Psychiatry, 71(6), 734–741.
  19. Harpin, V. A. (2005). The effect of ADHD on the life of an individual. Archives of Disease in Childhood, 90(Suppl 1), i2–i7.
  20. Cortese, S. et al. (2018). Comparative efficacy of medications for ADHD. The Lancet Psychiatry, 5(9), 727–738.
  21. Evans, S. W. et al. (2014). Evidence-based psychosocial treatments for ADHD. Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology, 43(4), 527–551.
  22. Pelsser, L. M. et al. (2011). Effects of a restricted elimination diet on ADHD. The Lancet, 377(9764), 494–503.
  23. Arns, M. et al. (2014). Efficacy of neurofeedback treatment in ADHD. Clinical EEG and Neuroscience, 45(3), 180–189.
  24. Sonuga-Barke, E. J. S. et al. (2013). Nonpharmacological interventions for ADHD. American Journal of Psychiatry, 170(3), 275–289.
  25. Bundesministerium für Bildung und Forschung. (2020). Inklusion in der Schule. Berlin: BMBF.
  26. Visser, S. N. et al. (2014). Trends in ADHD diagnosis and medication: United States, 2003–2011. Journal of the American Academy of Child & Adolescent Psychiatry, 53(1), 34–46.
  27. Hergenrather, J. Y. et al. (2020). Medical cannabis for ADHD: A review. Journal of Cannabis Research, 2(1), 15.

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