Standardschmerzmittel bei chronischen Schmerzen

Studien deuten darauf hin, dass Cannabis bei bestimmten Arten von Schmerz eine Ergänzung oder Alternative zu Opiaten und Opioiden sein kann.

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In der Behandlung von chronischen Schmerzen haben sich verschiedene Schmerzmittel, sogenannte Analgetika, bewährt. Sie finden je nach Intensität und Ursprung der Schmerzen Anwendung. Im Falle starker chronischer Schmerzen sind oft Opiate oder Opioide das Mittel der Wahl. Um eine wirkungsvolle Behandlung zu gewährleisten und mögliche unerwünschten Reaktionen gering zu halten, muss die medikamentöse Schmerztherapie dauerhaft und engmaschig durch eine*n kompetente Mediziner*in oder eine*n ausgebildete*n Schmerztherapeut*in begleitet werden.

Einige Studien deuten darauf hin, dass Cannabismedikamente bei bestimmten Arten von Schmerz eine Ergänzung oder Alternative zu Opiaten und Opioiden sein können1.

Ein Überblick verschiedener Schmerzmittel

Schmerzmittel lassen sich in verschiedene Kategorien und Unterkategorien einteilen. Zunächst wird in der Medizin zwischen „Nichtopioiden“ und „Opioiden“ unterschieden2.

Zu den Nichtopioiden gehören unter anderem:

  • Paracetamol: Bei leichten bis mäßigen Schmerzen, mäßigen bis starken Schmerzen (als Zusatztherapie zu Opioiden) und zur vorübergehenden Senkung von Fieber.
  • NSAR (Nichtsteroidale Antirheumatika, zum Beispiel Ibuprofen und Diclofenac): Bei leichten bis mäßigen Schmerzen, bei Schmerzen im Zusammenhang mit Entzündungen und zur vorübergehenden Senkung von Fieber.

Opioide enthalten opiumartige Wirkstoffe wie sie im getrockneten Milchsaft des Schlafmohns vorkommen. Die wichtigsten aktiven und natürlich vorkommenden Bestandteile - die sogenannten Opiate – sind Morphin, Codein und Thebain3. Synthetische Opioide wirken sowohl auf das periphere als auch auf das zentrale Nervensystem, indem sie an die Opioidrezeptoren binden2. Über diese Rezeptoren werden auch die teils schwerwiegenden Nebenwirkungen ausgelöst.

Opioide werden in „schwache“ und „starke“ Opioidanalgetika unterteilt.

Zu den schwachen Opioiden gehören die Schmerzmittel Tilidin und Tramadol sowie das als Hustenstiller verwendete Codein.

Zu den bekanntesten Wirkstoffen der starken Opioide gehören:

  • Fentanyl
  • Hydromorphon
  • Levomethadon
  • Morphin
  • Oxycodon
  • Piritramid
  • Remifentanil
  • Sufentanil

Welche Schmerzmittel eignen sich zur Behandlung von chronischen Schmerzen?

Eine adäquate Schmerztherapie ist ebenso wichtig wie komplex. Die behandelnden Mediziner*innen müssen viele Aspekte in ihre Entscheidungen einbeziehen, ihre Behandlungsmethoden immer wieder hinterfragen und bei Bedarf neu ausrichten. Dabei ist es wichtig, alle Erkrankungen und Voraussetzungen der Patient*innen zu berücksichtigen. Auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und die persönlichen Lebensumstände spielen eine große Rolle bei der Wahl der passenden Medikamente. Die Therapie ist sehr individuell. 

Bei der Langzeitbehandlung leichter bis mittelschwerer chronischer Schmerzen ist Paracetamol häufig das Analgetikum der ersten Wahl, da es bei korrekter Anwendung ein sicheres und wirksames Medikament ist. Wenn das Medikament längerfristig eingenommen wird, kann es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Hauptsächlich problematisch sind hier Blutungen im Verdauungstrakt und Bluthochdruck (siehe unten). NSARs können auch zur chronischen Schmerzbehandlung eingesetzt werden, können aber zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Risiken bestehen insbesondere für das Herz-Kreislauf-System, den Verdauungstrakt und die Nieren. Daher wird bei chronischen Patienten, die NSARs einnehmen, eine regelmäßige Überwachung empfohlen.

Opioide werden häufig zur Behandlung von schweren chronischen Schmerzen eingesetzt. Der Einsatz von Opioiden ist jedoch aufgrund des Risikos von Abhängigkeit, Toleranz und schwerwiegenden Nebenwirkungen umstritten2.

Nebenwirkungen der Behandlung mit Opioiden

Die Nebenwirkungen von Opioiden sind vielfältig. Das können sein2,4:

  • Verstopfung
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Toleranzentwicklung
  • Atemdepression
  • Hemmung des Hustenreflexes
  • Pupillenveränderungen
  • Müdigkeitund Benommenheit
  • Kopfschmerzen
  • Juckreiz
  • Schwindel
  • Appetitlosigkeit
  • Niedergeschlagenheit / Euphorie
  • Versteifung der Skelettmuskulatur
  • Körperliche Abhängigkeit

Um eine Gewöhnung zu vermeiden, empfiehlt es sich, mit verschiedenen Opioiden abzuwechseln. Um nach längerer Anwendung Entzugssymptomatiken zu vermeiden, sollten die Medikamente langsam ausgeschlichen werden.

Sonderfall Koanalgetika – Off-Label Use in der Schmerztherapie

Einige Medikamente, die in ihrem eigentlichen Sinne nicht als Schmerzmedikament entwickelt wurden, besitzen dennoch schmerzlindernde Eigenschaften. In manchen Fällen entscheiden sich Mediziner*innen zusätzlich für das Verschreiben solcher Medikamente. Das geschieht besonders dann, wenn es eine oder mehrere Indikationen gibt, die dem eigentlichen Anwendungsgebiet entsprechen. Zu den sogenannten Koanalgetikagehören:

  • Antidepressiva: Die Medikamente zur Behandlung von Depressionen blockieren die Wiederaufnahme bestimmter Botenstoffe in absteigenden schmerzhemmenden Nervenbahnen und verstärken so die Schmerzmodulation. Die analgetische Wirkung von Antidepressiva wird vor allem bei neuropathischen Schmerzzuständen, Fibromyalgie, chronischen Schmerzen des Bewegungsapparats, Migräne und Spannungskopfschmerzen eingesetzt2.
  • Antikonvulsiva: Sie werden zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt, da sie die Freisetzung von Neurotransmittern oder die Aktivität von Neuronen verringern. Daher werden sie bei Nervenschmerzen und Fibromyalgie eingesetzt2.
  • Glukokortikoide: Die Hormone, zu denen beispielsweise Kortison gehört, wirken entzündungshemmend und hemmen so die Entstehung von Entzündungen und die damit verbundene Schmerzwahrnehmung. Darüber hinaus beseitigen sie Gewebswasseransammlungen (Ödeme) und mindern so den Druck auf schmerzsensible Strukturen2.
  • Regulatoren des Kalziumstoffwechsels5,6,7,8: Calcitonin und Bisphosphonate können zur Schmerzlinderung bei Wirbelsäulenbrüchen, Knochentumoren, Osteoporose und neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden. Calcitonin hat nachweislich auch eine analgetische Wirkung bei Phantomschmerzen.

Ganzheitliche Schmerztherapie – Was kann Patient*innen außerdem helfen?

Neben medikamentöser Therapie ist auch die psychologische Betreuung von Schmerzpatient*innen essentiell. Die dauerhaften Schmerzen belasten die Psyche der Betroffenen. Zudem ändern sich oft zwangsläufig die Lebensumstände: Einige Schmerzpatient*innen können ihrem gewohnten Alltag samt Beruf, sozialen Kontakten und Hobbys nicht mehr nachgehen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann hilfreich sein, um die neue Lebenssituation zu akzeptieren – Selbsthilfegruppen bieten den nötigen Raum.

Eine Ernährungsberatung und -umstellung kann Patient*innen zusätzlich helfen. Zum Beispiel gibt es Hinweise, dass spezifische Diäten bei der Behandlung von rheumatoider Arthritis als Ergänzung zu einer medikamentösen entzündungshemmenden Schmerztherapie hilfreich sein können9.

Das Thema Bewegung spielt auch bei chronischen Schmerzen eine Rolle. Je nach Krankheitsbild gilt es als gesundheitsfördernd, dem gesundheitlichen Zustand angepassten Sportarten nachzugehen. Welche Sportart zu welchem Zeitpunkt als angemessen gilt, sollten Patient*innen immer mit der Person besprechen, die die Schmerztherapie medizinisch begleitet. 

In dem Zusammenhang können Schmerzpatient*innen auch von Physio- und Ergotherapie profitieren.

Medizinisches Cannabis als Opiatersatz?

Seit im Jahr 2017 das Gesetz „Cannabis als Medizin“ in Kraft getreten ist, dürfen Ärzt*innen Cannabismedikamente unter bestimmten Voraussetzungen an ihre Patient*innen verschreiben. Chronische Schmerzen sind die häufigste Indikation für eine Cannabistherapie10.

Wirkweise von medizinischem Cannabis als Ersatz für Opioide

Das breit gefächerte Wirkspektrum der Cannabispflanze ist vermutlich hauptsächlich auf das Zusammenspiel der natürlichen Wirkstoffe (Phyto-Cannabinoide) mit dem Endocannabinoidsystem (ECS) zurückzuführen.

Das ESC ist ein mit verschiedenen Rezeptoren ausgestattetes körpereigenes Kommunikationssystem. Der menschliche Körper produziert auch selbst Cannabinoide (Endocannabinoide), die bei Bedarf bestimmte Reaktionen hervorrufen können.

Das ECS ist daran beteiligt, wichtige physiologische Funktionen wie Schmerzwahrnehmung, Appetit, Energie, Stimmung, Gedächtnis, Immunreaktionen und mehr im Gleichgewicht zu halten. Dies könnte erklären, warum Cannabis nicht nur bei der Linderung von Schmerzsymptomen, sondern auch bei der Verbesserung anderer Symptome, die für die Lebensqualität sehr wichtig sind, eine Rolle spielen kann. 

Wie wird medizinisches Cannabis als Opiatersatz in der Schmerztherapie angewendet?

In der Praxis findet Cannabis als Medizin zur Behandlung chronischer Schmerzen eher eine ergänzende als eine ersetzende Anwendung. Das bedeutet, dass medizinisches Cannabiszunächst zunächst zusätzlich zur bestehenden medikamentösen Schmerztherapie eingenommen wird.

Einige Patient*innen berichten, dass sie durch medizinisches Cannabisweniger Opioide einnehmen konnten und auch die Nebenwirkungen nachgelassen haben. Sie sind so zu einer verbesserten Lebensqualität gekommen11.

FAQ

Welche Schmerzmittel für Langzeittherapie?

Welche Schmerzmittel am besten für die Therapie chronischer Schmerzen geeignet sind, entscheiden Mediziner*innen immer im Einzelfall. Es ist wichtig jede*n Patient*innen individuell zu behandeln und dabei auch den jeweiligen Lebensumständen, (Vor-)erkrankungen und etwaigen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten Beachtung zu schenken. Bei starken Schmerzen finden häufig Opioide Anwendung. Es besteht jedoch die Gefahr der Abhängigkeit und schwerwiegender unerwünschter Wirkungen. Daher könnte medizinisches Cannabis eine Ergänzung oder auch ein Ersatz für Opioide sein.

Was macht man in der Schmerztherapie?

Während einer Schmerztherapie versucht ein Team verschiedener Expert*innen gemeinsam mit der*dem Schmerzpatient*in die chronischen Schmerzen der*des Betroffenen zu lindern und die Lebensqualität zu erhalten oder zu steigern. Das geschieht zum einen durch eine medikamentöse Therapie: Schmerzbehandlung und andere Symptome der Erkrankung, zum Beispiel Depressionen, stehen im Fokus. Zum anderen sind Psycho-, Ergo- und Physiotherapie häufig fester Bestandteil. Darüber hinaus kann eine Ernährungsberatung oder Bewegungstherapie sinnvoll sein.

Wie sinnvoll ist eine Schmerztherapie?

Eine Schmerztherapie ist dann sinnvoll, wenn die betroffene Person unter den Symptomen ihrer chronischen Erkrankung leidet. Eine frühzeitige Schmerzbehandlung kann auch zu einem Rückgang der durch die Schmerzen verursachten sekundären Symptome wie Angstzustände oder Schlafstörungen führen12,13.

Disclaimer und Rechtliches

Der Artikel dient lediglich dem Zweck der Informationsweitergabe und ersetzt keine medizinische Beratung durch eine*n Ärzt*in. Die Inhalte sollen weder zur Eigendiagnose oder -behandlung motivieren noch zur selbstständigen Änderung der bisherigen medizinischen Behandlung verleiten. CanifyClinics spricht keine Empfehlungen aus und bewirbt auch keine diagnostischen Methoden oder Behandlungen. Solltest du eine Änderung deiner Therapie wünschen, ist das immer mit einer*m Ärzt*in zu besprechen. Darüber hinaus kann CanifyClinics die Richtigkeit, Aktualität und Ausgewogenheit der Inhalte nicht garantieren. Daher übernehmen sowohl die Autor*innen der Texte als auch CanifyClinics keine Haftung für Schäden, die aus der selbstständigen Anwendung der hier beschriebenen Informationen entstehen.

Quellen:

  1. 1McDonagh, M. S. et al. Cannabis-Based Products for Chronic Pain : A Systematic Review. Ann Intern Med175, 1143–1153 (2022).
  2. 2Milani, D. A. Q. & Davis, D. D. Pain Management Medications. StatPearls (2022).
  3. 3Chemie.de; “Opium
  4. 4Gelbe Liste Online; “Oxycodon - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste
  5. 5Ito, A. & Yoshimura, M. Mechanisms of the analgesic effect of calcitonin on chronic pain by alteration of receptor or channel expression. Mol Pain13, (2017).
  6. 6Tzschentke, T. M. Pharmacology of bisphosphonates in pain. Br J Pharmacol178, 1973–1994 (2021).
  7. 7Yazdani, J. et al. Calcitonin as an analgesic agent: review of mechanisms of action and clinical applications. Brazilian Journal of Anesthesiology69, 594 (2019).
  8. 8Yousef, Ayman A, and Amr M Aborahma. The Preventive Value of Epidural Calcitonin in Patients with Lower Limb Amputation. Pain medicine (Malden, Mass.) vol. 18,9 (2017).
  9. 9Athanassiou, P., Athanassiou, L. & Kostoglou-Athanassiou, I. Nutritional Pearls: Diet and Rheumatoid Arthritis. Mediterr J Rheumatol31, 319 (2020).
  10. 10Abschlussbericht der Begleiterhebung nach § 31 Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Verschreibung und Anwendung von Cannabisarzneimitteln https://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis-als-Medizin/Begleiterhebung/_node.html;jsessionid=C8FE79E517C28C0C0ACFEEDEA12CA3A2.internet282
  11. 11Boehnke, K. F., Litinas, E. & Clauw, D. J. Medical Cannabis Use Is Associated With Decreased Opiate Medication Use in a Retrospective Cross-Sectional Survey of Patients With Chronic Pain. J Pain17, 739–744 (2016).
  12. 12Kuhathasan, N., Minuzzi, L., MacKillop, J. & Frey, B. N. An investigation of cannabis use for insomnia in depression and anxiety in a naturalistic sample. BMC Psychiatry22, (2022).
  13. 13Bilbao, A. & Spanagel, R. Medical cannabinoids: a pharmacology-based systematic review and meta-analysis for all relevant medical indications. BMC Med20, (2022).